Frühdiagnose ja oder nein?

2013/2014

Hätte ich wohl früher handeln sollen und Peter zur Abklärung anmelden? Ist eine Früherkennung wirklich wichtig? Je nach Studie bestehen da gewisse Zweifel.

Pro:

Manchmal stellt sich heraus, dass die Hirnprobleme durch andere Krankheiten verursacht werden. Oder, dass es sich um einen normalen Altersprozess handelt.

Je nach Demenzform ist eine andere Behandlung angezeigt. Die Angehörigen können sich darauf vor­bereiten, was sie bei der jeweiligen Form erwartet.

Vergesslichkeit und Wortfindungsstö­rungen sind typisch für das Anfangs­stadium der Alzheimer­-Demenz. Später haben die Betroffenen zunehmend Schwierigkeiten, im Alltag klarzukom­men. Cholinesterase­-Hemmer können das Fortschreiten der Symptome etwas bremsen.

Kontra:

Unabhängige Experten warnen vor der Demenz-Früherkennung. Wissenschaftliche Studien, die den Nutzen der Tests belegen könnten, gibt es nicht.

Die Forscher fanden hingegen heraus, dass die derzeit verfügbaren Arzneimittel in einer frühen Phase der Krankheit, den geistigen Verfall nicht aufhalten können.

Daraus schlussfolgern die Wissenschaftler, dass auch die Früherkennung sinnlos ist. «Wenn der Test frühe Anzeichen einer Demenz findet, nützt einem dieses Wissen nichts», heisst es in der Bewertung.

Denn nur jede zweite frühe, leichte Demenz entwickelt sich später zu einer schweren Demenz. Mindestens jede zweite Diagnose und Behandlung würde also zu Verunsicherungen und Nebenwirkungen der Therapie führen.

Bei uns war eine Diagnose wichtig. Peter der noch einige Jahre im Arbeitsprozess vor sich hatte, musste Klarheit haben. (Krankentaggeld und IV)

Auto- und Motorradfahren

Bis der Termin in der Memory-Clinic feststand, dauerte das einen Moment. Peter war viel mit dem Töff unterwegs, arbeitete normal und strich unser Haus neu.

Mir fiel auf, dass Peter oft die gleichen oder fast gleichen Motorradtouren wiederholte. Etwas Neues probierte er nicht aus. Überhaupt das Autofahren wurde für mich auf dem Beifahrersitz eine Herausforderung. Peter dieser sichere, überaus vorausschauende Fahrer, machte plötzlich Fehler. Ein Schreckmoment ist mir noch gut in Erinnerung. Wir beschlossen mit meinen Eltern ein paar Tage im Südtirol zu verbringen. Natürlich setzte Peter sich ans Steuer, wie das immer der Fall war. Im Graubünden überholte er ein Auto, ein anderes Auto kommt uns entgegen. Dank der Reaktion des anderen Fahrers konnte ein schrecklicher Unfall vermieden werden. Auch auf der Autobahn fuhr er immer sehr nahe an das vordere Auto heran, der Sicherheitsabstand war nicht mehr gegeben. Wir hatten oft deswegen Streit, Peter liess sich noch nie gerne beim Autofahren kritisieren. Zu dem Zeitpunkt hätte er aber keinesfalls aufs Fahren verzichtet.

Sowieso Autos und Motorräder waren Peters Leidenschaft. Er konnte stundenlang an den Chromteilen seines Motorrades putzen, oder neue Teile einbauen. Jede Motorradaustellung wurde besucht und neue Prospekte studiert. Ich ging oft mit ihm, hatte er mich doch mit seiner Leidenschaft ebenfalls angesteckt.

Besuch in der Memory-Clinic

Zwei halbe Tage waren eingeplant, ich begleitete ihn natürlich. Bei den Untersuchungen durfte ich nicht dabei sein. Ich tigerte in der Cafeteria auf und ab, zum Lesen der Zeitung fehlte mir die Lust. Das Warten nahm kein Ende. Peter erzählte mir danach nicht sehr viel, er war traurig, aber auch wütend. Wütend auf die Ärzte und auf das Personal. Er fühlte sich ungerecht behandelt, sagte auch, dass er mit den « Computern» überfordert gewesen sei.

Seine Wahrnehmung war, dass alle: Ich, die Hausärztin, der Professor in der Klinik, das Personal ihn nicht verstehen und ihn unter allen Umständen «krank» machen wollen. Da war gutes Zureden und Verständnis gefragt.

Ein weiterer Anhaltspunkt sollte eine Lumbalpunktion ergeben. Als Laie waren wir so ziemlich überfordert und wussten nicht, ob dies jetzt wirklich nötig war.

Der Arzt riet uns aber dazu und folgerte auch, dass es nicht mit Risiko verbunden ist. Also machten wir uns wieder auf, diesmal ins Inselspital.

Die Lumbalpunktur

Bei einer Lumbalpunktion wird mit einer speziellen Nadel im Bereich der Lendenwirbel eine kleine Menge Hirn- oder Rückenmarksflüssigkeit aus dem Wirbelkanal entnommen. Diese Flüssigkeit, auch Hirn- oder Nervenwasser genannt, umgibt Gehirn und Rückenmark und schützt sie vor Erschütterungen.

Festgestellt werden kann, ob spezielle Eiweisse vorhanden sind, die würden auf Demenzerkrankungen hinweisen. Der Eingriff an und für sich dauerte nur 15 Minuten. Peter musste danach noch eine Stunde liegen bleiben. Ebenfalls musste er sich die nächsten 24 Stunden schonen. Solche Untersuchungen waren für Peter kein Problem, er ist nicht sehr schmerzempfindlich und machte gut mit.

Danach wurden wir nach Hause geschickt. Abgemacht war, dass nun alle Tests ausgewertet, zusammengetragen und anschliessend ein Termin vereinbart wird.

Das Warten begann und es dauerte mehrere Wochen bis wir von der Memory-Clinic etwas hörten. Natürlich es waren die Festtage, Ferien etc. Trotzdem wurde es Frühling 14, bis wir endlich, endlich einen Termin erhielten. Das Leben nahm bis dahin seinen gewohnten Gang, wir waren in den Skiferien und Peter hat bereits im März seine ersten Motorradtouren unternommen. Es sollten seine Letzten sein…..

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