Auf dem Weg

Hilfe 2014

Jetzt geht es darum uns die passende Hilfe zu suchen. Hilfe für Peter, Hilfe für mich, Hilfe für die Finanzierung unseres Lebens.

Das erste war ein Termin mit dem Arbeitgeber. Zum Glück hatte die Firma einen Case Manager. Er kam zu uns und hat uns ausserordentlich gut beraten. Ein Glück für uns, mit sehr viel Empathie, hat er uns die nächsten Schritte aufgezeigt. Danke, Arnold Zengaffinen!

Was bedeutet es ab sofort krankgeschrieben zu sein? Es bedeutet, dass Peter während 720 Tagen seinen Lohn zu 80% weiter erhält. Natürlich mit dem entsprechenden Arztzeugnis.

Der nächste Schritt war die Anmeldung bei der Invalidenversicherung. Die IV löst die Krankentaggeldversicherung ab. Viele Formulare habe ich dazu eingereicht, dazu einen ausführlichen Bericht des behandelnden Arztes. Es war absolut kein Problem, mit der schwerwiegenden Diagnose von Peter, eine volle IV Rente zu erhalten. (zwischen 1175 und 2350 Franken.) Dazu kommt ebenfalls eine Rente aus der Pensionskasse von Peter, auch dies nach den 720 Tagen. So wussten wir, dass wenigstens ein Teil des Einkommens in Zukunft gesichert sein würde. Natürlich gibt es Einbussen, es ist kaum möglich auf den ursprünglichen Lohn zu kommen. Trotzdem eine ungeheure Erleichterung!

Peter hat bei all den Gesprächen teilgenommen. Er hat sich aber wenig beteiligt und ich hatte immer das Gefühl es interessiert ihn nicht gross. Er haderte weiter mit seinem Schicksal und sein grösster Frust war, der Verzicht auf das Lenken von Auto und Motorrad. Ach, ich konnte Peter so gut verstehen! So oft haben wir am Tisch diskutiert, erklärt, versucht passende Argumente hervorzuzaubern. Er konnte es nicht begreifen.

Ich selber war hin und her gerissen. Auf der einen Seite der Frust von Peter, auf der anderen Seite, war ich insgeheim froh. Froh, dass von offizieller Seite ein Entscheid gefällt wurde. Unvorstellbar, wenn Peter einen Unfall verursacht hätte.

Der Alltag

Seinen Alltag haben wir gemeinsam geplant. Wichtig war eine geregelte Struktur, dass hiess am Morgen nicht ausschlafen, sondern aufstehen, frühstücken und den Tag planen. Musste ich arbeiten, habe ich ihm das Mittagessen so vorbereitet, dass er es nur noch aufwärmen, oder in den Ofen schieben konnte. Wir haben zusammen ganz viel Holz, Schrauben und Nägel gekauft. Peter der Handwerker, hat unzählige Vogelhäuschen, Bienenhotels und praktische Kistchen gezimmert. Ich hatte das Gefühl, dass ihm das Werken sehr gut bekommen ist. Kreativ sein und am Abend sehen, ich habe etwas geschafft!

Ganz wichtig für Peter waren seine täglichen Spaziergänge auf den Bantiger. Immer schon hat er sich gerne bewegt und hat Touren unternommen. Er hat sich jeden Nachmittag bei Sonnenschein und bei Regenwetter auf den Weg gemacht. Steil hinauf und zu guter Letzt auch noch die Treppen, (154 Stufen) auf die Plattform, des Aussichtturms. Bewegung und frische Luft, das war perfekt.

Am Anfang hatten wir alle zwei Wochen Gespräche mit dem Oberarzt der UPD. Immer ging es darum wie sich Peter fühlt, ob er traurig, niedergeschlagen, oder gar depressive Anzeichen zeigt. Dies war im Grossen und Ganzen nicht der Fall. Eher eine unterschwellige Wut auf die Situation, die Ärzte und manchmal auch auf mich. Auch für mich waren die Gespräche wichtig, denn auch ich konnte von meinen Gefühlen erzählen. Diese Sitzungen stärkten mich und halfen mir durch die Zeit.

was stärkt mich noch?

Wenn mir etwas Neues begegnet, dass ich nicht kenne, will ich möglichst viel darüber wissen. Ich habe das Internet durchforstet, nach Berichten, Erfahrungen und nach Ratgebern über das Thema Demenz. Nach und nach habe ich mir sehr viel Wissen angeeignet. Es war nicht immer leichte Kost!

Trotzdem es reichte nicht, mir fehlte der persönliche Austausch. So habe ich mich bei der Alzheimervereinigung Bern gemeldet. Freundlich wurde ich empfangen und beraten. Die Selbsthilfegruppe für Angehörige wurde mir wärmstens ans Herz gelegt. Dieses Angebot habe ich sofort angenommen.

Ich habe auch versucht meinen Alltag normal aufrecht zu erhalten. Mich mit Kolleginnen zu treffen, zu joggen, oder einen Kurs zu besuchen.

In dieser Zeit war unser Leben wirklich noch gut und einigermassen normal. Wir haben uns mit Freunden getroffen, sind in die Ferien gefahren, Peter konnte sehr viele Arbeiten ums Haus selbständig erledigen. Nach dem ersten Schock, der Diagnose, hatten wir ein Stück Normalität zurückgewonnen, ebenso eine gute Lebensqualität.

Ausnahmezustand Corona-Virus

Auch wir verspüren die Auswirkungen des Coronavirus. Fast alle Hilfsangebote sind geschlossen und auf Eis gelegt! Tagesplätze sind zu, Assistenzpersonen in der Risikogruppe, selber Vorerkrankungen, oder über 65 Jahre alt. Nun verbringen wir beide sehr viel Zeit hier im Haus. Peter gehört mit seiner Demenz selber zur Risikogruppe. Ich habe zuerst gedacht: Ein Virus in China? Geht uns doch nichts an. Der Virus in der Lombardei? Betrifft mich und Peter nicht. Nun werde ich eines Besseren belehrt, und wir alle sind mittendrin. Die Bilder aus den Spitälern in Oberitalien sind mir unter die Haut gegangen.

Mein oberstes Ziel ist es, Peter zu schützen, es wäre für ihn und mich tragisch, angesteckt zu werden. Mit der fortgeschrittenen Demenz in ein Spital zu müssen ist schon in normalen Zeiten sehr schwierig.

Ich versuche nun mein Möglichstes zu tun, Abstand und Hygienemassnahmen einzuhalten. Kaum ausser Haus gehen, Grosskind nicht mehr hüten etc.

Im Moment komme ich mit der Situation gut zurecht. Ich bin ruhig, gelassen und bewältige mit Peter unseren Alltag. Ich glaube aber, wir stehen erst am Anfang.

Ich denke oft an all die Menschen, die tagtäglich für uns im Einsatz stehen!

Darum ein riesengrosses Dankeschön an alle!

8 Kommentare zu „Auf dem Weg

  1. Liebi Regine, es isch unglaublich, dyni Bereitschft, dyn Ysatz und dyni Chraft wo du für de Peter jede Tag ufs neue bewiesisch und darleisch. Châchpeau!
    Myr fähle dy wytere Wort…..
    Häb sorg u blyb gsund, de Peter brucht dy.
    E liebe Gruess vom Thunersee
    Manni

  2. Liebi Regina,ganz grosse Respäkt für dis Engagement u Härzbluet mitem Pesche u dire Familie!
    Mir wünsche dir/euch witerhin viu Chraft u schöni Momänte!
    Liebs Grüessli vo Schmid`s Flugbrunne

  3. Regine, du bisch eifach ungloublich i dere Situation. So unheimlich starch u abklärt! Mi gross Respäkt hesch uf jede Fall! 🙂

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