Teil 3 2015
Der Flug nach El Calafate dauerte rund 2 Stunden. Wir waren gespannt auf Patagonien. Schon vom Flugzeug aus bewunderten wir die spezielle Landschaft. Die Stadt ist klein und gemütlich und liegt am Lago Argentino. Beeindruckende kleine Strassen mit vielen Läden und Restaurants haben wir angetroffen. Das allerbeste Bife de Lomo, (Rindsfilet), dass wir je gegessen haben, genossen wir in einem kleinen Restaurant, in einer Seitenstrasse.

Wir sind aber eigentlich wegen der vielen Gletscher nach Patagonien gereist. El Calafate, die Oase im Nirgendwo, ist das Tor zum Los-Glaciares-Nationalpark, der die weltbekannten Gletscher beheimatet. Auf unseren Touren haben wir die imposanten Eisfelder im Süden Argentiniens entdeckt. Jeden Tag besuchten wir mit dem Boot einen anderen Gletscher. Als wir den ersten Eisberg sahen sind wir fast ausgeflippt, aber wir sollten noch hunderte weitere sehen. Wir besuchten den Upsala Gletscher, den Spegazzini Gletscher und als Höhepunkt, am letzten Tag, den Perito Moreno.
Perito Moreno
Er ist am weitesten entfernt und wir mussten zuerst mit dem Bus durch die Pampa Argentiniens fahren. Welche unendlichen Weiten, mit vielen Rindern auf endlosen Weiden, offenbarten sich uns.
Der Bus hielt an einer Stelle, wo die Sicht auf den Gletscher wunderbar war, nie vorher haben wir Vergleichbares gesehen. Der Rhonegletscher erscheint dagegen klein und unscheinbar.
Sobald wie angekommen sind und aus dem Bus gestiegen sind wagten wir uns auf die Holzstege. Es eröffnete sich uns ein spektakuläres Panorama auf die mächtige Nordwand des Perito Moreno Gletschers. Über viele Treppen gelangten wir anschliessend noch näher an den Gletscher heran und wir hatten die Möglichkeit, über verschiedene Wanderwege immer wieder andere, faszinierende Aussichten auf den Gletscher zu bewundern. Die Stunden die wir nahe am Gletscher verbrachten, waren durch ein ständiges Rumoren, Krachen und Knacken untermalt. Der Gletscher fliesst, schmilzt und kalbt.
Unser absoluter Höhepunkt war die Fahrt mit einem Boot an die südliche Abbruchkante des Gletschers. Als wir auf die riesigen, bläulich schimmernden Eiswände des Gletschers zusteuerten, wurden uns die unglaublichen Dimensionen des Naturwunders bewusst. Wir hatten Glück und wir erblickten einen wunderbaren, spektakulären Gletscherabbruch. Die Wellen die unser Boot trafen veranlassten uns zur sofortigen Umkehr an das sichere Land.
Peter war ebenso fasziniert und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Er genoss die Zeit mit uns, aber er fand auch guten Anschluss an die Gruppe. Wir bewegten uns viel, wanderten und jeder Tag brachte uns neue, unvergessliche Eindrücke.
Weiter nach Iguazu
Nach fünf Tagen ging es auf den letzten Teil der Reise. Der Flug zurück nach Buenos Aires war ruhig und wunderschön. Nur ein kurzer Aufenthalt und dann ging es weiter nach Foz do Iguazu in Brasilien. Der Fluss Iguazu bildet die Grenze zwischen Brasilien und Argentinien. Iguazú bedeutet „Großes Wasser“ auf Guaraní und das ist sehr zutreffend. Zumindest hier, im Dreiländereck Brasilien-Argentinien-Paraguay, wo der Fluss kurz vor seiner Mündung in den Paraná ein wahres Spektakel bietet: die Iguazu-Wasserfälle. Die Fälle können von Brasilien und Argentinien aus besucht werden. Zuerst besuchten wir die argentinische Seite. Über die Grenze zurück nach Argentinien dauerte es lange, wir wurden genaustens kontrolliert, konnten aber im Bus sitzen bleiben.
Auf einer Breite von 2,7 Kilometern stürzen 275 Wasserfälle bis zu 82 Meter in die Tiefe. An einem normalen Tag rauschen hier pro Sekunde unglaubliche 1,5 Millionen Liter Wasser vorbei. Wenn es viel geregnet hat, was bei uns vorher der Fall war, bestaunten wir 7 Millionen Liter Wasser pro Sekunde.
Cataratas del Iguazú: Die argentinische Seite
Um die Distanzen im Park einfacher zu überbrücken fährt ein kleiner Zug in regelmäßigen Abständen zwischen drei Bahnhöfen im Park hin und her. Unzählige Wasserfälle können aus der Nähe besichtigt werden. Dazu gibt es mehrere Wanderwege, die in unterschiedliche Teile des Nationalparks führen. Von dort gehen wir einen guten Kilometer zu Fuß über mehrere Brücken. Unglaublich, wie breit der Fluss hier ist! Das Tosen, Donnern und Rauschen werden immer stärker und stärker. Schließlich kommen wir auf einer kleinen Plattform an, von der sich uns ein spektakulärer Ausblick bietet. Wir stehen direkt vor dem Teufelsschlund (Garganta del Diablo). Mit unglaublicher Wucht donnert das Wasser hier in einem hufeisenförmigen Wasserfall in eine Schlucht.
Im Park gibt es viele, viele Wege die uns nahe ans Wasser führen. Besonders schön ist die Aussichtsplattform zu Füssen des Salto Bossetti, der hier in zwei Stufen in den Fluss fällt. Dahinter mehrere weitere Kaskaden, umrahmt von wunderbarer Dschungelvegetation. Das absolute Abenteuer war eine Fahrt mit dem Boot. Ausgerüstet mit Regenmänteln, Stiefeln, und Schwimmwesten. Mir blieb die Luft weg, als wir immer näher und näher zu den ungestümen Wasserfällen fuhren. Ehrlich? Mir war mulmig, der Lärm war unbeschreiblich, das Tosen des Wassers unheimlich. Wir waren alle bis auf die Haut durchnässt, aber bei 30 Grad spielte das keine grosse Rolle. Hinterher war ich froh, hat Peter dies alles ruhig, furchtlos und gelassen mitgemacht.
Cataratas do Iguaçu: Die brasilianische Seite
Der brasilianische Nationalpark Iguaçu ist zwar fast dreimal so groß wie sein Gegenstück in Argentinien, der Grossteil der Fälle liegt aber in Argentinien. Von Brasilien her hatten wir aber einen besseren Panoramablick. Schon von weitem hören wir das Tosen des Wassers und bereits der erste Blick auf die Fälle fasziniert uns. Alle paar Meter kommen hinter der dichten Dschungelvegetation neue Kaskaden ins Bild und wir nähern uns Schritt für Schritt dem Wasser. Der Höhepunkt des gut ausgebauten Wanderwegs ist ein Steg, der uns mitten hinein in eine der Wasserterrassen führt.
Gegen Schluss der Reise, nach einem letzten Ausflug in den Regenwald, in der Gegend gibt es drei Arten, subtropische, laubabwerfende Wälder, feuchte subtropische Regenwälder und Dunstwälder im Bereich der Wasserfälle, machten wir uns wieder auf den Heimweg.
Die Flüge, nach Sao Paulo, nach Frankfurt, nach Zürich verliefen soweit reibungslos. Auf dem langen Flug nach Frankfurt, Peter hat wieder kein Auge zugetan, wollte er unbedingt aussteigen. Er hat immer wieder eine Tür gesucht, um den Bus, wie er sagte, zu verlassen. Die weite Reise war sicher anstrengend und die vielen Eindrücke auch etwas verwirrend. Erst nach ein paar Tagen zuhause hat sich Peter wieder restlos daheim gefühlt.
Fazit
Es waren unglaublich schöne, interessante und unvergleichliche Ferien! Keine Sekunde möchte ich missen. Sicher, wir haben unzählige Kilometer zurückgelegt, aber so viel Schönes und immer noch Schöneres gesehen. Die Vorbereitung war wichtig, gute Organisation auf der Reise war wichtig, und dass ich nicht alleine mit Peter reisen musste und Hilfe und Unterstützung hatte, war eine riesige Entlastung. Mir wurde aber auch klar, dass es die letzte grosse Reise für Peter sein würde. Schon das Fliegen mit all den Kontrollen war oft eine Herausforderung. Das immer weiter Reisen und sich nie an einen Ort, oder ein Hotel gewöhnen können, ist für einen demenzkranken Menschen sicher sehr schwierig. Die vielen Reize, die vielen Eindrücke, die Farben, die Geräusche, die wechselnden Temperaturen, fremde Personen, können mehr und mehr verwirrend wirken.
Nun mussten wir uns daheim wieder an den Alltag gewöhnen und uns wieder hier zurechtfinden. Sehr gefreut hat mich, dass Peter noch öfter von der Reise gesprochen hat und auch versucht, unseren Söhnen einiges zu erzählen. Das Fotobuch, dass ich über die Reise erstellt habe, hat Peter seither noch oft angeschaut. Ich bin sehr dankbar, haben wir ja gesagt und die Reise zusammen gemacht, dankbar, dass alles gut gegangen ist und wir gesund heimgekehrt sind. Aber auch traurig, weil ich weiss, wir beide werden eine solch grosse Reise nie mehr zusammen machen können.