Tage im Tessin

Herbst 2017 Ferien im Tessin, wie jeden Oktober verbringen wir einige Tage in Tenero. Wir lieben die klaren Herbsttage, die Weitsicht, das milde Wetter, das Laub das sich verfärbt, und wir lieben schöne Herbstwanderungen, die uns in alle Teile des Tessins führen.
Ein befreundetes Ehepaar, Eliane und Werner, verbrachten mit uns einige Tage auf unserem Campingplatz. Wir in unserem Wohnwagen, sie in ihrem Camper. Beide sind leidenschaftliche und geübte Wanderer. Wir beschlossen an einem wirklich unvergleichlichen Traumtag, eine etwas grössere Wanderung zu machen.
Wir fuhren zum Lukmanierpass, er befindet sich 1915m über Meer und bildet die Grenze zwischen Graubünden und Tessin.

Beim Ospizio Santa Maria starteten wir und wanderten dem Lai da Sontga Maria entlang. Wir verliessen den Stausee und unser Weg führte nach links zum Val Termine. Der Weg war etwas steinig, nicht sehr angenehm, da er auch für Militärfahrzeuge gebraucht wird. Wir waren aber gut ausgerüstet, hatten geeignete Kleider, Wanderstöcke, und Rucksäcke mit genügend Proviant. Wir wanderten zum Passo dell’Uomo, der Weg war sehr steil und führte auf 2218m. Welch ein herrlicher goldener Herbsttag! Am Passo dell´Uomo überschritten wir die Europäische Wasserscheide. Die Bäche und Flüsse hinter uns fließen zum Rhein hinab und dann in die Nordsee, die vor uns weiter nach Süden bis zur Adria.

Peter hat sich auf die Wanderung gefreut, er weiss, Wandern ist etwas, dass er noch sehr gut kann. Trittsicher, sehr gute Kondition und genügend Puste, um alle Steigungen zu meistern! Beim Wandern kann er sich selber sein, hier hat er nicht das Gefühl nicht zu genügen und hier werden seine Defizite nicht sichtbar.
Wir wanderten oberhalb der Baumgrenze und uns bot sich ein umwerfender Blick auf die umliegenden Täler und Gipfel. In diesem Gebiet sind sehr viele Murmeltiere zu beobachten.

Beim Pass angekommen, bogen wir beim Wegweiser Segna links ab und wanderten weiter zum Motti Bergrücken. Der nächste Pass war der Passo delle Colombe auf 2389m. Das war der höchste Punkt unserer Rundwanderung, der Passo delle Colombe, liegt genau zwischen den imposanten Gipfeln des Pizzo dell´Uomo auf der linken und des zackigen Pizzo del Sole-Massivs auf der rechten Seite. Blickt man von hier zurück nach Westen über das Piora-Tal, erheben sich am Horizont die hohen Gipfel des Rotondo-Gebietes, das im Winter besonders bei Skifahrern beliebt ist.
Unser Weg führte uns weiter auf einem Wiesenpfad zum Lago die Campanitt.

Es war nun Zeit eine Mittagspause einzulegen. Wir setzten uns auf die Wiese, packten unseren Proviant aus und genossen die Ruhe, den Blick über die Berggipfel, den Blick über den See, liessen uns von der Sonne wärmen und waren einfach nur zufrieden. Die ganz Mutigen hatten ihre Füsse ins eiskalte Wasser getaucht, aber richtig eintauchen wollte niemand.

Nun ging es ab hier steil bergab durch das Piano del Canali am Bach entlang hin zur Baumgrenze. Mächtige Arven nahmen mehr und mehr zu, wir waren in einem schönen Arvenwald, gemischt mit Lärchen und Fichten. Die Wurzeln umklammerten riesige Felsbrocken, die Flechten hingen von den Ästen und bildeten eine bizarre Landschaft. Dazwischen standen und lagen, vollständig abgestorbene Bäume, die von Käfern und Pilzen zerfressen und ganz löchrig waren. Wir fühlten uns wie in einem vergangenen Zeitalter. Fehlten nur noch ein paar Feen oder Berggeister! Eine unbeschreibliche Landschaft!

Der Weg war steil, wir wanderten über Felsbrocken, über Wurzeln und bei der Alpe Gana folgten wir links dem Weg zurück zu unserem Ausgangspunkt, oder wenigstens fast.

Wir hatten nämlich beschlossen zurück zum Lukmanierpass, das letzte Stück, mit dem Postauto zurückzulegen. Die Station war an der Strasse und wir mussten das Postauto einfach aufhalten. Nur, es kam kein Postauto, da nütze alles Warten nichts. Als wir dann bei der Tafel genauer schauten, sahen wir, dass das Poschi am Tag vorher zum letzten Mal gefahren war. Ab heute galt der Winterfahrplan……
Nun hiess es Autostopp machen, und nach einigen Versuchen klappte es dann. Eines von uns konnte auf die Passhöhe fahren und mit unserem eigenen Auto das gestrandete Resttrüppli wieder einsammeln. Die ganze Wanderung dauerte rund 5 Stunden und wird als mittelschwer eingestuft. Zuhause zogen wir als Erstes unsere Wanderschuhe aus und gönnten uns ein kühles Panasché!
Müsste ich Glück beschreiben, würde ein solch erlebter Wandertag eindeutig dazu gehören. Denn das Glück zeigt sich in besonderen Momenten, und in kleinen Dingen. In der Natur sein, dass bedeutet für uns Glück, die Landschaft wahrnehmen, innerlich still werden und staunen, über all die Schönheit. Glück bedeutet für uns auch die Zufriedenheit, am Ende eines Tages etwas geschafft zu haben und mit sich im Reinen zu sein.
Die restlichen Tage, vor der Heimfahrt, verbrachten wir mit Putzen und Einwintern unseres Wohnwagens. Wieder war eine Saison vorbei und immer im Herbst, machte sich etwas Wehmut bemerkbar. Nun kämen die kürzeren und dunkleren Tage. Erst im Frühjahr würden wir wiederum ins Tessin reisen, um unsere Campingsaison zu eröffnen. Dass es die letzte grössere Wanderung war, die wir mit Peter unternahmen, hätten wir damals nicht gedacht. Ein Grund mehr, diesen Tag tief im Herzen zu bewahren.

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