Skifahren im Januar 2018

Ein neues Jahr ist da und immer stellten wir uns die Frage was es uns bringen wird. Wie viele Veränderungen würden in den nächsten 12 Monaten auf uns zu kommen? Würde unser Leben in diesen Bahnen weitergehen? Würden wir Kraft genug haben, um alles zu meistern?

Wie immer fingen wir das neue Jahr mit Skiferien an. Das war ja schon mal ein Lichtblick! Schon mit unseren Kindern waren wir oft auf der Bettmeralp zum Skifahren. Für uns aus Bern ist es gut erreichbar, autofrei und es ist praktisch, mit den Skiern direkt von der Skipiste, zu unserem Chalet zu fahren. Das Chalet mieteten wir von Jahr zu Jahr, es ist klein, aber alles ist gut eingerichtet, es hat viel Sonne, am Morgen und am Abend und einen schönen Balkon.

Peter war ein ausgezeichneter Skifahrer, elegant kurvte er die Hänge herunter. Obwohl wir Carvingskis mieteten, behielt Peter seinen Stil von früher bei. Die Skier wurden parallel geführt und der Stockeinsatz rechts und links gehörten einfach dazu:-)

Oft war er vor allen Anderen auf den Pisten und machte die gesamte Aletscharena unsicher. Er, der sowieso immer zum Arbeiten draussen war, mochte die Kälte gut vertragen. Auch Schneefall und schlechte Sicht machten ihm nicht viel aus. Ich war da etwas anders und erst nach einem ausgedehnten Kaffee, machte ich mich auf, um auch auf die Piste zu gelangen. Ich traf am vereinbarten Ort Peter, und dann waren wir zusammen unterwegs. Was gibt es Schöneres, als die verschneiten Hänge, die glitzernde Weiten, den blauen Himmel? Sich bewegen in der Natur, die Ruhe auf dem Gipfel geniessen und sich dann auf die Abfahrt zu freuen?

Schon im 2017, war das Skifahren mit Peter nicht mehr, wie ich das gewohnt war. Er ging nicht mehr selber auf die Piste, wartete stets auf uns und liess uns kaum aus den Augen. Einmal fand er seine Skier nicht mehr und ging zu Fuss zu unserem Chalet zurück. Wir konnten dann eruieren, dass die Skier vor einem Restaurant stehen geblieben waren. Aber ehrlich, dutzende von Ski’s stehen jeweils da und dabei die Richtigen zu finden, ist für uns alle auch nicht immer einfach.

Die richtige Koordination

Im 2018 wurde es zunehmend schwieriger. Die Orientierung war weg, in der kleinen Ferienwohnung fand er das Schlafzimmer und das Bad nicht mehr recht. Ganz schwierig wurde es, die Skier anzuziehen, oder die Skischuhe richtig zu schliessen. Eine grosse Herausforderung waren die Sessellifte. Ihr kennt das sicher, die Skifahrer reihen sich ein, der Sessellift kommt von hinten und man muss im richtigen Augenblick absitzen.

Für Peter eine grosse Aufgabe, rückwärts schauen, die Distanz einschätzen, absitzen und dann die Skier platzieren und den Sicherheitsbügel schliessen. Beim Absteigen geht das Ganze umgekehrt, auch hier sind die richtige Koordination und die richtige Reihenfolge gefragt. Ein paar Mal musste der Sessellift angehalten werden, weil Peter nicht richtig platziert war. Ein Frust für ihn und auch für uns ein grosser Stressfaktor.

Mir war klar, Skifahren würde in Zukunft nicht mehr gehen, aber diese eine Woche Ferien, wollte ich Peter so gut es ging, noch ermöglichen. Peter befand sich immer in der Mitte von unserer Gruppe, wir passten das Tempo an und fuhren nicht mehr sehr schnell. Er genoss aber den Fahrtwind, die Abfahrten, die Geschwindigkeit, das Gefühl von Freiheit und machte immer noch recht ansprechende Schwünge.

Im Tiefschnee

Eine Episode ist mir noch gut in Erinnerung. Wir beschlossen den Skilift bei der grossen Gondel zu benützen. Dazu mussten wir etwas traversieren, auch mal ein kleines Stück laufen. Vor uns war ein Feld mit neuem Tiefschnee, dass wir wohlweislich umgehen wollten. Peter nahm das nicht wahr und fuhr mitten in das Tiefschneefeld hinein und blieb natürlich stecken. Nun, im Tiefschnee fest zu stecken ist nicht sehr angenehm, meistens geht es nicht vor und rückwärts. Die Skier sind tief vergraben und nur mit grosser Anstrengung kriegt man einen Ski vor den Andern. Peter bewegte sich nicht mehr und wusste nicht mehr wie er sich aus dem Schlamassel wieder befreien sollte. Alles Rufen und Winken und Zeigen und Erklären nutzte wenig.

Ich selber bin nicht der grosse Tiefschneeheld und ich zierte mich ein wenig zu ihm zu fahren, um zu helfen. Aber siehe da, eine Skifahrerin brauste durch das Schneefeld, neben Peter vorbei und fuhr Richtung Gondel. Das war genau der Impuls den Peter brauchte, er befreite sich, fuhr der Dame nach und war wieder auf der präparierten Piste. Ich konnte aufschnaufen und war froh, dass diese Situation gemeistert war.

Im 2018 hatte es auf der Bettmeralp sehr viel Schnee gegeben. Das schönste für Peter war es am Morgen und am Abend den Balkon, und den kleinen Weg zum Haus, freizuschaufeln. Wenn das Wetter ganz schlecht war, wanderten wir auf den vielen Schneewanderwegen Richtung Riederalp, oder einmal auch aufs Wurzenbord. Wir blieben meistens am Abend im Chalet und kochten etwas Gutes, spielten Tutto, oder schauten einen Krimi.

Eine lange Skikarriere

Peter konnte auf 50 Jahre Skifahren zurückblicken. Als Kind, vor dem Haus, wurde eine Piste selber erstellt. Mit kleinen Schritten, präparierten Peter und seine Geschwister, einen Hang und traten den Schnee fest. Sicherheitsbindungen gab es damals nicht und richtige Skischuhe natürlich auch nicht. Dann standen die Kinder oben hin und hui, liessen es laufen. Später dann waren die Skilager der Schule immer ein grosses Highlight für Peter. Nach der Schule gingen wir mit einer Gruppe Kollegen Skifahren, meistens ins Wallis, mieteten ein grosses Haus und hatten Spass. Mit den Söhnen war dann das familienfreundliche Gebiet der Aletscharena unser Ziel. Sehr viele Familienferien haben wir da oben verbracht. Eine schöne Zeit!

Die letzte Abfahrt

Die Ferienwoche neigte sich dem Ende zu und der letzte Tag, ein Freitag, brach an. Strahlendes Wetter, blauer Himmel und die Sonne, wärmte uns. Trotzdem war ich traurig, ich wusste, das würde Peters letzter Skitag sein.

Die letzte Abfahrt nahte, ich weiss noch gut, mir liefen Tränen übers Gesicht, als ich Peter vor mir fahren sah…. Da nützte alle Vernunft nichts und auch das Wissen, dass es kommt wie es muss und ich es nicht beeinflussen kann. Das Herz war mir schwer und es dauerte einige Zeit, um mich zu trösten. Ich musste und muss, immer wieder von Neuem lernen, dass alles vergänglich ist, nichts bleibt über längere Zeit gleich. Immer von Neuem heisst es, von einer lieb gewonnen Gewohnheit, oder Tätigkeit, Abschied zu nehmen.

Peter merkte davon nicht viel, ihm war es nicht richtig bewusst, dass eine Ära, eine so unglaublich schöne Zeit, nun für immer vorbei sein würde.

Ein Kommentar zu “Skifahren im Januar 2018

  1. Ja, Regina, so vergönnd dy schöne u gemeinsame Zyte im Läbe. Und du chasch dy nur na mit grosser Fröid a öieri schöne u gemeinsame Zyte i öiere Zweisamkeit zrugg erinnere.
    I wünsche Dyr wyterhin ♥️-lich vill Glück u e gueti Zyt.

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