Es gab eine Zeitspanne in der ist Peter sehr oft gestürzt. Es war für mich eine schwierige Zeit und ich war immer wie auf Nadeln. Ich liess Peter kaum aus den Augen, aber hatte ich mich einmal umgedreht, war unter der Dusche, oder am Kochen, hörte ich es poltern und schon lag er am Boden.
Es überraschte mich, warum war Peter plötzlich so sturzgefährdet? Einerseits lag es an seiner Haltung, wie bereits beschrieben, sehr gebeugt, immer mit den Händen in seinen Hosentaschen. Andererseits machte er die typischen, kleinen Schritte, also eher ein trippeln und das machte ihn unsicher.
Mir ist bewusst, dass Menschen mit Alzheimer- oder vaskulärer Demenz ein erhöhtes Sturzrisiko haben. Ja, es ist erwiesen, dass es rund 20-mal höher ist, als bei gesunden, gleichaltrigen Menschen.
Sturzrisiko- Faktoren bei Demenz
Als Hauptrisikofaktoren für Stürze gelten auch Muskelschwäche und Gangstörungen sowie ein verringertes Sehvermögen oder eine Störung des Gleichgewichtssinnes – Symptome, die im Rahmen einer Demenz-Erkrankung auftreten. Auch mangelhafte Umgebungsbedingungen erhöhen das Sturzrisiko für demente Menschen.
Ebenso Orientierungsschwierigkeiten, sowie Wahrnehmungsstörungen und der Einschränkung des (Kurzzeit-) Gedächtnisses können Faktoren sein. Auch Angst und Unsicherheit führen entsprechend zu unüberlegten Bewegungen und Handlungen.
Peter war immer unterwegs, lief in der Wohnung hin und her. Kaum einmal war er zu bewegen sich länger hinzusetzen und er stand meistens nach fünf Sekunden gleich wieder auf.
Stolperfallen
Natürlich, Stolperfallen hatte ich längst aus dem Weg geräumt. Unsere Teppiche waren bereits eingemottet. Kleine Schwellen in der Wohnung waren aber da und wie es eben in einem älteren Haus ist, waren auch der Weg in den Garten oder zur Haustüre hinaus, immer mit einem Hindernis (Schwelle), verbunden.
Peter hatte auch die Angewohnheit in der Nacht aufzustehen und herum zu gehen, natürlich ein zusätzliches Risiko. Er ging auch oft an den unpassendsten Stellen vorbei, wenn möglich hinter dem Salontisch entlang. Aber oft stolperte er auch einfach bloss über seine Füsse, ohne ersichtlichen Grund.
Längst hatte er in der Wohnung keine Hausschuhe mehr an den Füssen, sondern leichte Turnschuhe, oder Anti-Rutschsocken für mehr Stabilität.
Sein Schutzengel war immer da
Wie oft ging ich, wenn es polterte, mit ungewissem und ängstlichem Gefühl zu Peter. Hatte er sich verletzt? Den Arm gebrochen, oder gar den Oberschenkel? Schreckliche Bilder hatte ich vor Augen. Der Glastisch zerbrochen, er sich an den Kanten der Möbel verletzt, oder an der Tischkante den Kopf aufgeschlagen….
Ich bin heute noch dankbar, dass Peter einen ganz aufmerksamen und lieben Schutzengel hatte. Nie, wirklich niemals, hatte er etwas gebrochen, oder sich sonst irgendwie verletzt. Ausser vielleicht von ein paar blauen Flecken abgesehen, blieb er verschont.

Wieder aufstehen
Ein weiteres Problem war das Aufstehen. Manchmal, wenn er bei einem Möbel, oder beim Salontisch gestürzt war, konnte er selber wieder aufstehen. Manchmal brachte ich ihm einen Stuhl, damit er sich daran festhalten und aufziehen konnte. Manchmal versuchte ich ihn dazu zu bewegen, dass er sich als erstes auf die Knie erhob und so gelang es ihm, leichter wieder aufstehen.
Aber zunehmend konnte er nicht mehr selber aufstehen. Er wusste einfach nicht mehr wie das funktionierte.
Nun war guter Rat teuer, für mich war es unmöglich, Peter alleine auf die Beine zu stellen. Er ist ca. 80 Kilogramm schwer, er konnte nicht helfen und vor allem, konnte er nicht mehr begreifen, was ich von ihm wollte…
Oft musste ich unsere Nachbarin Prisca, die im oberen Stock wohnte, um Hilfe bitten. Wir haben sonst keine direkten Nachbarn. Oder ich musste einen meiner Söhne, meistens war es Adrian, weil er näher wohnte, avisieren. Mit Adrian ging es leicht. Er ist sehr kräftig und er hob den Vater praktisch alleine auf einen Stuhl. Mit Prisca, wir sind zwei *schwache*Frauen😊 gestaltete sich die Aktion schwieriger. All unsere Kraft mussten wir aufwenden, um Peter zuerst aufzusetzen und ihn dann auf einen bereit gestellten Stuhl zu hieven.
War einmal nicht gleich jemand erreichbar, machte ich es Peter am Boden möglichst bequem. Ich schob ihm ein Kissen unter den Kopf, oder deckte ihn mit einer leichten Decke zu. Natürlich nachdem ich mich vergewissert hatte, dass mit Peter alles gut war und er sich nicht verletzt hatte.
Manchmal schimpfte Peter, war unzufrieden, dass er am Boden liegen bleiben musste, was natürlich völlig verständlich war. Manchmal, wenn ich mich zu ihm setzte, war er recht zufrieden und ich erzählte ihm, dass gleich jemand kommen würde, um uns zu helfen.
Die Situation war sehr belastend, erstens aus Angst vor den Stürzen, aber auch über mein Unvermögen Peter wieder auf die Beine zu helfen. Rückwirkend betrachtet war diese Zeitspanne sehr schwer zu bewältigen. Ich musste mir dringend überlegen, wie es weitergehen sollte. Die Idee dazu fand ich etwas später…….
Liebe Regina, vielen Dank für deinen neuen Blog, welche ich immer mit Interesse verfolge.
„Wieder Aufstehen“ das ist auch im Alter – ohne Demenz – eines der grossen Probleme mit dem auch wir in unseren Rollstuhlgängigen Krone-Seniorenwohnungen „zu kämpfen“ haben. Denn, wenn auch bei uns eine Person stürzt, am Boden liegt und selber nicht mehr aufstehen kann – was leider allzu oft vorkommt – da können wir Mitbewohner leider meistens auch nicht helfen. Denn, wir alle sind auch im Alter, wo es uns nicht mehr nöglich ist jemandem, der am Boden liegt wieder auf die Beine zu helfen. Da ist die Spitex oder eine aussenstehende Person gefragt. Eine der grossen Hilfen sind da die „Alarm-Armbandänder“ in so fern sie getragen werden, sodass man so Hilfe anfordern kann.
Ich hoffe sehr, dass es für dich und Peter „einfacher“ wird, wenn ihr bald die neue, Rollstuhlgängige Wohnung beziehen könnt. Euch beiden wünsche ich alles, alles Gute.
In diesem Sinne grüsst dich herzlich
Manni
Lieber Manni
Danke für deine Zeilen! Ja im Alter ist das Sturzrisiko hoch und natürlich auch das Aufstehen eine Herausforderung!
Ich sehe das auch bei meinen Eltern, ein Sturz kann schnell alles ändern.
Die Wohnung wird rollstuhltechnisch gut sein, stürzen tut Peter ja nun nicht mehr. Wie du weisst, schreibe ich den Blog rückblickend und bin jetzt erst im 2019. Irgendwann wird er dann jeweils ganz aktuell sein.
Liebe Grüsse Regina