Die Patientenverfügung

Die Krankheit schritt voran und für uns war wichtig, dass wir gewisse Dinge in Angriff nahmen. Wie würde es sein, wenn Peter immer weniger von der Umwelt wahrnehmen kann? Wie würde es sein, wenn er sich im Heim oder im Spital befindet und nicht mehr in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen? Bei der Patientenverfügung geht es um medizinische Belange. Peter hatte immer gesagt, bereits vor der Krankheit, dass er, wenn möglich keine lebensverlängernden Massnahmen in Anspruch nehmen will. Eine Patientenverfügung war somit die Lösung für ihn. In seiner Patientenverfügung konnte Peter festhalten, wie in bestimmten Situationen gehandelt werden soll. Die Verfügung hatte den Vorteil, dass seinem Willen und seinem Selbstbestimmungsrecht auch dann noch Gehör verschafft wird, wenn er nicht mehr urteilsfähig sein würde.
Es gibt zwei Möglichkeiten eine Patientenverfügung zu erstellen. Einerseits kann man auf eine Vorlage zurückgreifen. Oder man kann selber eine Verfügung erstellen. Wir haben uns entschlossen eine Patientenverfügung aus dem Internet herunterzuladen. Wir achteten darauf, dass möglichst klare Aussagen enthalten waren und ergänzten hier und da noch etwas.
Ein möglicher Wortlaut oder Themen könnten sein: Medizinische Massnahmen sollen in erster Linie der Erhaltung des Wohlbefindens und der Linderung der Beschwerden dienen. Lebensqualität steht vor Lebensverlängerung. Auf grössere invasive Eingriffe und Therapien soll verzichtet werden, wenn sie die Beschwerden nicht wesentlich mindern. Auf andauernde künstliche Ernährung (durch Magensonde oder Infusion) soll verzichtet wird. Im Falle eines Herz-Kreislauf-Stillstandes soll keine Reanimation versucht werden und das Thema der Organspende sollte sicher auch enthalten sein.
Diese Liste kann beliebig gekürzt, oder verlängert werden. Wir passten die Patientenverfügung auf unsere Bedürfnisse an. Peter hatte einigermassen klare Vorstellungen was er möchte und so haben wir es dann auch aufgeschrieben.
Eine Patientenverfügung muss schriftlich, aber nicht von Hand abgefasst werden. Sie muss natürlich datiert und unterschrieben sein. Wir haben die Verfügungen vom Ärzteverband, von Alzheimer Schweiz, von Pro Senectute und vielen anderen angeschaut. Viele Organisationen bieten auch eine Beratung an.
Selbstverständlich habe ich bei der Gelegenheit auch gleich für mich eine Patientenverfügung erstellt.
https://blickwinkeldemenz.com/patientenverfuegung/
Der Vorsorgeauftrag
Für die Zukunft mussten wir uns überlegen, wenn die Demenz voranschreitet, welche Massnahmen wir noch ergreifen müssen. Peters geistige Fähigkeiten werden weniger und weniger werden. Dieser Verlust wird dazu führen, dass mit der Zeit Situationen nicht mehr richtig eingeschätzt werden und der eigene Wille nicht mehr klar mitgeteilt werden kann. Für persönliche, administrative und finanzielle Angelegenheiten, würde meine Hilfe notwendig werden. Eine Möglichkeit war ein Vorsorgeauftrag zu erstellen.
Der Sinn eines Vorsorgeauftrags besteht darin, dass die Handlungen und Entscheidungen, die man für den kranken Menschen vornimmt, rechtlich abgesichert sind. Mit einem solchen Auftrag kann jeder urteilsfähige und volljährige Mensch eine Person seines Vertrauens beauftragen, für ihn zu handeln, sobald er selber urteils- und damit handlungsunfähig geworden ist.
Ein Vorsorgeauftrag muss von Anfang bis Ende handschriftlich abgefasst, datiert und unterschrieben sein. Alternativ kann ein Vorsorgeauftrag auch beim Notar öffentlich beurkundet werden. In diesem Fall ist es möglich, eine gedruckte Vorlage zu verwenden, was für Personen mit Schreibschwierigkeiten sicher eine Erleichterung darstellt.
https://blickwinkeldemenz.com/vorsorgeauftrag/
Peter sagte mir, es wäre eine grosse Beruhigung für ihn, wenn ich mich um seine persönlichen und finanziellen Angelegenheiten kümmern würde.
Er konnte zu dem Zeitpunkt leider bereits kein handschriftliches Dokument mehr erstellen. Wir haben uns beraten lassen und den einfacheren Weg gewählt. Der einfachere Weg war eine Vollmacht. Sie ist rechtlich anerkannt und war zu dem Zeitpunkt für uns beide die leichtere Variante.

Die Generalvollmacht
Bei einer Demenzerkrankung, wie bei Peter, wird er zunehmend auf Hilfe angewiesen sein, ohne dass bereits eine Urteilsunfähigkeit vorliegt. Es war deshalb durchaus möglich und sinnvoll, anstelle eines Vorsorgeauftrags eine Generalvollmacht zu erstellen. Der grosse Vorteil war, dass bei einer Vollmacht eine einfache Unterschrift genügte. Der Text musste nicht handschriftlich sein und auch der Einbezug eines Notars war nicht nötig. Aber auch bei einer Vollmacht musste selbstverständlich die Urteilsfähigkeit im Zeitpunkt der Erteilung noch gegeben sein.
Sie galt ab sofort, nicht erst bei Eintritt der Urteilsunfähigkeit des Vollmachtgebers. Eine Vollmacht gibt der bevollmächtigten Person das Recht, die kranke Person rechtsgültig zu vertreten. Es muss aber ausdrücklich festgehalten werden, dass sie weiterhin gültig bleiben soll, wenn der Vollmachtgeber urteilsunfähig geworden ist. Ein weiterer ganz wichtiger Punkt: In der Vollmacht muss stehen, dass sie über den Tod hinaus gilt.
Natürlich haben wir unsere Söhne informiert, da sie meine Vertretungspersonen sein würden. Peter war froh, dass dieses Thema nun vom Tisch war. Er machte sich natürlich schon seine Gedanken, wie alles weitergehen sollte. Da ich mich schon immer mit Peter zusammen, um unsere Finanzen, und um unser Haus gekümmert hatte, war es für mich nicht schwierig, seinem Wunsch nachzukommen.

Handlungsfähig? Urteilsfähig?
Was bedeutet eigentlich handlungsfähig und urteilsfähig?
Die Handlungsfähigkeit ist definiert als Fähigkeit, durch eigene Handlungen Rechte und Pflichten zu begründen. Als handlungsfähig gilt im schweizerischen Rechtssystem jede Person, die einerseits volljährig ist und andererseits urteilsfähig ist.
Als urteilsfähig gilt jemand, der in einer konkreten Lebenssituation „vernunftgemäss“ handeln kann, also die Tragweite des eigenen Handelns begreift und fähig ist, sich entsprechend dieser Einsicht zu verhalten.
Peter war im 2016 noch im frühen Stadium seiner Demenz. Er war zu dem Zeitpunkt noch voll handlungs- und urteilsfähig.
Die Feststellung der Urteilsfähigkeit ist aber gerade bei Demenzerkrankungen sicher oft besonders schwierig. Alle Personen, die darüber entscheiden müssen, ob eine Person mit Demenz noch urteilsfähig ist oder eben nicht mehr, stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Denn im Grunde genommen stehen sich immer Selbstbestimmungsrecht und Schutz der betroffenen Person gegenüber. Und das Bestehen oder Nichtbestehen der Urteilsfähigkeit lässt sich letztlich kaum je mit absoluter Sicherheit beurteilen.
